Das große Interview mit Hannes Rain


01. März 2017

Sandra Hartinger: Über Sie erzählt man sich, dass Sie niemals schlafen, wie schaffen Sie es, mit wenig Schlaf auszukommen?

Hannes Rain: Freude am Tun, jeden Tag als spannende Herausforderung sehen und den Tag nicht in Freizeit und Arbeit unterteilen sind sicher eine große Hilfe mit wenig Schlaf auszukommen.

Sandra Hartinger: VMD gibt es seit 22 Jahren, eine lange Zeit für eine kleine Agentur, gibt es dafür ein Geheimnis?

Hannes Rain: Ständig in Bewegung bleiben, nie im Stillstand verharren und versuchen, höchste Qualität zu bringen und vor allem sich treu bleiben und seine Standpunkte vertreten, somit wissen unsere Kundinnen und Kunden immer, mit wem sie es zu tun haben.

Sandra Hartinger: Wenn man das Portfolio von VMD genau ansieht, ist da eine große Bandbreite zu erkennen, die kaum eine andere Agentur bietet, wie kommt das?

Hannes Rain: Dadurch, dass ich die Agentur immer an Gegebenheiten anpassen musste, um sie über die Runden zu bringen, haben wir uns immer neue Schwerpunkte gesetzt und unser Personal danach ausgewählt, das Wichtige ist aber, seine Grundwerte nicht zu verlassen. Weiters kommen wir von der Umsetzung und haben daher schon bei der Konzeption klare Vorstellungen von der Machbarkeit, was gleichzeitig aber nicht heißt, dass wir keine No Limit Strategien fahren. Aber dieser Ansatz hilft enorm beim Verständnis von Briefings von Kunden und Kundinnen.

Sandra Hartinger: Kunden, eine gute Weiterleitung: Wie kommt es, dass Sie und Ihre Agentur äußerst viel mit Apotheken und der Gesundheitsbranche in Verbindung gebracht werden?

Hannes Rain: Das hat sich über die Jahre so ergeben, wir haben uns ein absolutes Vertrauen erworben und sind sicher deshalb bei den Apothekerinnen und Apothekern sehr gefragt. Ich denke aber auch, dass es unsere Vielfalt ist und unsere Professionalität in sehr vielen Bereichen. Eine Anlaufstelle und nicht einer von 100 Anbietern. Weiters bin ich selbst sehr viel vor Ort, das schafft Vertrauen. Das Bemühen, auch bei kleinen Jobs, all das ist eine Mischung, die unsere Kundinnen und Kunden, und da vor allem die Apothekerin und der Apotheker schätzt. Deshalb auch wenig Schlaf (lacht).

Sandra Hartinger: Um bei Ihren Kundinnen und Kunden sowie Ihrer Struktur zu bleiben: für wen arbeitet VMD noch?

Hannes Rain: Wir betreuen auch noch den ÖAMTC im POS Marketing, bei tRAINings und Umsetzungen vor Ort. Aber in der geschäftlichen Chronologie finden sich auch Unternehmen wie Siemens, Jack Wolfskin, Wigast, Toyota, Der Bayrische Handel, WIFI aber auch der Pharma Großhandel mit Herba Chemosan, Phönix, Kwizda, Sanova und vielen anderen.

Sandra Hartinger: Viele Branchen, viele Erfahrungen, würden Sie sagen das ist Teil Ihres Erfolges?

Hannes Rain: Was ist schon Erfolg, es ist auf alle Fälle ein Teil des wenigen Schlafens (lacht). Verantwortung für seine MitarbeiterInnen zu haben, dass sie ihre Zahlungen und ihr Leben leben können. Wenn man Spaß an der Arbeit hat und mit sich zufrieden und im Reinen ist, dann, ja das ist ein Teil des Erfolges. Wenn man Erfolg in Zahlen messen will, dann gibt es das heute für ein KMU nicht mehr, das ist nur noch ein Kampf.

Sandra Hartinger: Wie? Erfolg ist für Sie nicht mehr Gewinn?

Hannes Rain: Welcher Gewinn? Lassen Sie es mich so erklären: Der Gewinn ist, dass ich mich wohl fühle und meinen Job weiter machen kann. Für den Rest spiele ich hin und wieder Lotto und da kennen Sie sicher auch die Chancen (lacht).

Sandra Hartinger: Welche Ausrichtung hat Ihre Agentur zur Zeit oder wo stehen Sie gerade?

Hannes Rain: Also stehen tue ich nie! Bewegung ist das Ziel. Höchstens mal kurz innehalten und die Geschwindigkeit den jeweiligen Aufgaben anpassen, das ist die Richtung. Vergleichen Sie es mit einer Autofahrt – die ist nur dann zielführend, wenn das Ding in Bewegung ist, im Ortsgebiet langsamer, auf der  Autobahn schneller. Auf Bergen dynamischer, usw. Hin und wieder übersteigen sie das Limit aber immer aufpassen, dass man nicht an die Wand fährt. Momentan versuchen wir den Unternehmen, die Stationären Handel betreiben, die Unterstützung zu geben um Ihr Geschäft weiter erfolgreich zu betreiben.

Sandra Hartinger: Das klingt sehr allgemein.

Hannes Rain: Konkret heißt das, die sinnvolle Verbindung des POS mit den elektronischen Medien und sozialen Netzwerken, ohne Hierarchien. B2B und B2C. Wenn hier die Chefetage mit seinen Kundinnen und Kunden sowie der Belegschaft im selben sozialen Netzwerk agiert, löst sich das alles auf. Das beschäftigt und überfordert sehr viele. Die einen stehen ohne Benzin auf der Autobahn und die anderen rasen an ihnen vorbei, an die Wand.

Sandra Hartinger: Was ist somit Ihr Rat bzw. Ihr Vorschlag?

Hannes Rain: Wenn ich die Lösung hätte, wäre das mit dem Gewinn anders (lacht). Die Wahrheit ist, es sind Individuallösungen der Branche. Entsprechend ist es ein Ausloten, die Waage sollte im Gleichgewicht sein. Ich bin überzeugt, dass das den Meisten nicht ohne Hilfe von außen gelingen wird.

Sandra Hartinger: Das müssen Sie jetzt sagen wegen des Gewinnes!

Hannes Rain: Wenn schon wegen des Erfolges! Aber im Ernst, wir können nicht jedem helfen. Wir können Teile abdecken, aber selbst wir holen uns Hilfe von außen und vergeben einzelne Bereiche. Wer das heute nicht tut macht einen großen Fehler. In einer komplexen Welt braucht man Hilfe und Unterstützung. Die endgültige Entscheidung nimmt einem Chef sowieso niemand ab. Wer glaubt, alles allein zu bewältigen, hat schon verloren. Die Kunst ist es, die richtigen Partnerinnen  und Partner herauszufischen und da hoffen wir, dass sehr viele uns finden.

Sandra Hartinger: Die 5. Weinviertler Herbstgespräche sind Geschichte – Ihr Resümee dieser VMD-Veranstaltung.

Hannes Rain: Vorerst möchte ich mich bei allen Beteiligten nochmals recht herzlich bedanken. Top Vortragende allesamt! Die Veranstaltung wurde von allen mit 1+ gewertet. Das unterstreicht die hervorragende Qualität. Über 60 TeilnehmerInnen zeigen auch, dass Themen wie Smarte Apotheke, Social Media und neue Technologien besonders im Fokus stehen.

Sandra Hartinger: Das heißt, es wird auch 2017 die Weinviertler Herbstgespräche geben?

Hannes Rain: Ja, genau genommen am Donnerstag, den 19.10.2017, wieder in Laa an der Thaya. Anmeldungen nehmen wir bereits entgegen. Es gibt sogar schon InteressentInnen, obwohl das Thema noch nicht feststeht. Das freut uns natürlich sehr – ist aber auch eine immense Herausforderung.

Sandra Hartinger: Fortschritt und Weiterbildung ist Ihnen ja ein großes Anliegen. Hier gibt es auch eine neue Linie?

Hannes Rain: Wir haben die Sommer Akademie eingestellt. Das Modell hat nach 20 Jahren erfolgreicher Arbeit ausgedient. Leicht ist uns das nicht gefallen. Die Sommer Akademie war bis zuletzt sehr erfolgreich, aber die Bearbeitung und das Zustandekommen der erforderlichen Anmeldungen wurden immer schwieriger und kostenintensiver. Da haben wir uns gesagt, lasst uns etwas Neues machen.

Sandra Hartinger: Was genau?  Können Sie uns das näher erläutern? Ich habe gehört etwas mit 3+3+3 Plus.

Hannes Rain: Genau – 3 Module in 3 verschiedenen Städten zu 3 unterschiedlichen Zeiten. Hier haben wir versucht, viele Wünsche unserer KundInnen und deren Anregungen zu verbinden. 3 verschiedene Tage helfen den Apothekenverantwortlichen dabei, nicht einen oder mehrere MitarbeiterInnen eine Woche auf eine Ausbildung zu schicken. Mit den verschiedenen Standorten sind wir noch näher bei unseren KundInnen. Das vermindert die Reisezeit und auch Kosten der TeilnehmerInnen. E-learning Module und auch unsere live learnings sind wieder eingebaut.

Sandra Hartinger: Klingt sehr publikumsorientiert. Was ist das Ziel von 3+3+3 Plus?

Hannes Rain: Erfolg (lacht). Natürlich ist das Ziel, dass die Apotheken mehr Erfolg haben. Konkret geht es aber darum, POS-Management einzuführen und dafür Hilfestellung zu leisten.

Sandra Hartinger: In 3 Tagen geht das?

Hannes Rain: Natürlich nicht, aber in einigen Teilen ist die 3+3+3 Plus Akademie schon sehr tiefgreifend. Einige Themen streift sie natürlich nur. Es gibt aber auch follow up Module zu diversen Themen, die für die TeilnehmerInnen interessant und wichtig sind.

Sandra Hartinger: Spannend. Gibt es schon Feedback?

Hannes Rain: Die erste Veranstaltung der 3+3+3 Plus Reihe am Mondsee ist bereits Geschichte. 12 TeilnehmerInnen – und alle waren begeistert.

Sandra Hartinger: Was waren die Schwerpunkte des ersten Tages?

Hannes Rain: Der Schwerpunkt lag auf der Zukunft der Apotheke. Hier haben die TeilnehmerInnen einen interessanten ersten Workshop gemacht. Viele Bilder aus unterschiedlichen Apotheken gesehen und die wesentlichen Grundlagen der Kommunikation gelernt. Vor allem die Methodiken – Humor, Provokation, 180° Drehung, etc.

Sandra Hartinger: Gibt es dabei besondere Highlights die sie erwähnen möchten?

Hannes Rain: Der wesentliche Teil liegt bei uns im live learning. Diese Methode haben wir speziell für Schulungen entwickelt. Uns geht es darum, nicht nur unser Wissen weiterzugeben, sondern einen Know How Transfer unter allen Anwesenden zu fördern. Am meisten lernt man unserer Erfahrung nach durch Aufnahme und Weitergabe, also Austausch. Das erreichen wir, in dem wir die Gruppen heterogen zusammensetzen. Eine Gruppe besteht beispielsweise aus drei Personen, welche aus drei unterschiedlichen Unternehmen kommen. Diese müssen sich nun gemeinsam einer Aufgabe stellen, die sie über einen definierten Zeitraum bearbeiten und am letzten Termin präsentieren dürfen. Für den Erfolg der Aufgabe ist es somit unerlässlich, dass sie auch außerhalb des Seminares miteinander kommunizieren. Wir stehen als MentorInnen jedoch jederzeit zu ihrer Verfügung.

Sandra Hartinger: Ihr Modell wirkt dadurch sehr schlank, kommunikativ und integriert.

Hannes Rain: Und sehr erfreulich ist es dabei auch. Besonders, wenn wir sehen, wie die Zusammenarbeit zwischen PKA`s, PharmazeutInnen und ApothekenbesitzerInnen funktioniert.

Sandra Hartinger: Neues Logo, neue Website, neues Schulungsprogramm; gibt es dafür einen Grund?

Hannes Rain: Ich dachte, jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Neues, etwas einzuleiten. Ein Bauchgefühl. Und die positiven Reaktionen auf unsere Aktivitäten geben uns recht.

Sandra Hartinger: Etwas einleiten? Kommen noch mehr Aktionen und Neuerungen?

Hannes Rain: Es wird noch einiges kommen. Mehr verraten möchte ich aber nicht, dafür ist jetzt der falsche Zeitpunkt. Aber es wird sich 2017 definitiv noch einiges tun.

Sandra Hartinger: Wir sind schon sehr neugierig, wie es weiter geht. Anderes Thema: Man merkt verstärkt, dass Sie Ihre Katzen für Werbezwecke einsetzen. Gibt es dafür Gründe?

Hannes Rain: Von den vier Katzen, mit denen ich und meine Frau leben, sind zwei Agentur-Katzen: Idefix und Isaak. Die dürfen über Dinge kommunizieren, welche für uns nur schwer kommunizierbar wären. Somit verdienen sich unsere Testimonials auch ihr Futter.

Sandra Hartinger: VMD auf Facebook, Hannes Rain auf Facebook; Warum der Sinneswandel? 

Hannes Rain: Zugegebenermaßen eine schwere Entscheidung. Nicht, weil ich Angst vor Überwachung, Datenklau oder ähnlichem habe. Ich sehe marketingtechnisch nur sehr wenig Sinn hinter den sogenannten sozialen Netzwerken. Es ist aber leider vieles ohne Social Media nicht mehr möglich. Daher dieser Sinneswandel. Social Media Diktatur – das lehne ich ab! Hauptsächlich kommunizieren für uns Idefix und Isaak, unsere Bürokater und was die manchmal sagen macht es spannend!

Sandra Hartinger: In Ihrem Auftritt streichen Sie jetzt verstärkt Ihren Wienbezug hervor. Warum?

Hannes Rain: Bei der Auswahl für Grafiken und Leitbilder unseres neuen Layouts, haben wir zuerst noch mit Wienbildern als Platzhalter gearbeitet, bis die Idee bei uns gereift und gewachsen ist. Danach haben wir unsere Wiener-Collage-Strichgrafik entwickelt und siehe da, es hat wieder gepasst. Dabei hat sich der Wienbezug immer mehr gefestigt. Woher kommen wir, Was sind unsere Wurzeln, durch was wurden wir geprägt, usw. Wien als Weltstadt, VMD als Welt-Agentur (lacht). Es stimmt schon, wir wollen dadurch ein spezielles Standing untermauern.

Sandra Hartinger: Gerade Wien ist aber ein eher schwieriges Pflaster für die VMD. Worauf führen Sie das zurück?

Hannes Rain: Wien ist anders. Die Wahrheit, keine Ahnung. Was überall funktioniert, funktioniert in Wien nicht. Wir haben weniger KundInnen in Wien, als in anderen Bundesländern. Dafür aber sehr gute. Vor allem die Apotheke am Reumannplatz. Auf die sind wir besonders stolz und wir arbeiten natürlich auch für den ÖAMTC, speziell für den Verein im Osten des Landes und den Pharmagroßhandel. Wir bemühen uns aber weiter. Wien wird anders.

Sandra Hartinger: Was verändert sich Ihrer Meinung nach im Apothekenmarketing und wo wird es die Apotheke in Zukunft hinführen?

Hannes Rain: Wie überall bricht die Digialisierung über die Apotheken herein. Werbeverbote sind damit hinfällig geworden. Was die meisten Apotheken in sozialen Netzwerken tun, hat mit den selbst auferlegten Werbeverboten nichts mehr gemein. Das verselbständigt sich – ist auch gut so. Warum darf ein Unternehmen wie die Apotheke eines ist, nicht für sich werben und sagen wie gut es ist – natürlich unter allen ethischen Vorgaben, die es in den normalen Werberichtlinien ja sowieso gibt. Die Digitalisierung und Automatisierung wird noch weiter fortschreiten, dafür haben wir den Begriff Smarte Apotheke geboren. Dies soll, unserem Verständnis nach, den Umbruch in der Apothekenlandschaft noch mehr unterstreichen.

Sandra Hartinger: Müssen die Apotheken Angst haben?

Hannes Rain: Auf keinen Fall. Viele positive Beispiele zeigen, wie ApothekerInnen, die vorzeitig ihre Systeme umgestellt haben, sich in dynamische und zukunftsorientierte Betriebe verwandelt haben. Der wesentliche Faktor ist aber die Begleitung des Individuums. Für die Zukunft der Apotheke wird dies immer wichtiger – die Fürsorge, nicht Wohlfühlen als Schlagwort. Was ist das schon?

Sandra Hartinger: Was meinen Sie damit?

Hannes Rain: Trotz Automaten, virtueller Freiwahl, elektronischer Preisauszeichnung, etc. ... Was ich als äußerst notwendig und unabdingbar erachte, ist, dass die Apotheke zurück zum Menschen muss. Fürsorglichkeit, Interesse an der Person und auch Verantwortung zeigen bzw. übernehmen, dies sind Attribute, welche im Fokus stehen.

Sandra Hartinger: Wie sehen Sie das genau? Steht der Mensch nicht sowieso im Mittelpunkt?

Hannes Rain: Das ist doch selbstverständlich. Aber meiner Meinung nach, ist dies wieder nur eine Floskel. Es geht nicht um irgendeinen Menschen, sondern um den Menschen. Wir wollen, dass sie sich bei uns wohlfühlen. Denken Sie über diesen Satz nach – was sagt er aus?

Sandra Hartinger: Genau genommen nichts.

Hannes Rain: Sie sagen es und darum geht es in Zukunft nicht. Es geht nicht um Nichts, es geht um alles und jeden, sogar noch viel differenzierter, auf das Individuum bezogen. Das heutige Publikum will umsorgt sein. Endlich sehen die ApothekerInnen den Menschen nicht mehr als PatientIn sondern als KundIn. Wir sehen diese bzw.
diesen aber schon lange als Gast. Ein Gast in unserer Apotheke, das ist die Zukunft für die stationäre Apotheke, für den POS der Apotheke. Wer das aber genauer erfahren will, sollte eine unserer Veranstaltungen besuchen oder die Fortbildung 3+3+3 Plus buchen (lacht).

Sandra Hartinger: Danke für das offene Gespräch. Ich wünsche Ihnen und VMD weiterhin alles Gute.

Hannes Rain: Vielen Dank